Wusstest du, dass es vier Kommunikationstypen gibt?
Virginia Satir hat vier Kategorien der Kommunikation oder Haltungen entdeckt, die Menschen dann annehmen, wenn sie unter Spannung stehen. Jede dieser Kategorien zeigt sich durch eine besondere Körperhaltung, eine spezielle Gestik, begleitende Körpergefühle und eine spezifische Ausdrucksweise in schwierigen Situationen.
Sie nennen sich
- Der Beschwichtiger
- Der Ankläger
- Der Ablenker
- Der Rationalisierer
Die Kommunikationstypen im Beziehungsalltag
Heute lasse dich einen Blick hinter die Kulissen werfen:
Bei mir sitzen nicht nur Paare auf meiner Couch. Nein, auch ich sitze zuweilen bei Ihnen auf der Couch.
Letzte Woche durfte ich ein Paar besuchen und eine kurze Sequenz der Interaktion zwischen Frau und Mann miterleben.
Der Mann und ich saßen bereits im Wohnzimmer und die Frau betrat den Raum. Der TV lief noch und sie meinte zu ihrem Mann: „Warum hast du den Fernseher nicht ausgemacht? Du weißt doch, dass der Fernseher aus sein muss, wenn Frau Dudda-Saliger da ist.“
Er: „Achso, hmmm, keine Ahnung wo die Fernbedienung ist.“
Sie: „Da wo sie immer ist, aber du hattest keinen Bock aufzustehen.“
Eine kleine Alltagssequenz, die du vielleicht auch von zu Hause kennst. Für mich ein Anlass in dieser Sitzung über wertschätzende Kommunikation zu sprechen:
Wie hätte es die Frau formulieren können, um nicht in einer Vorwurfshaltung zu landen? Vorwürfe sind Angriffe an dein Gegenüber. Dieser geht in die Gegenwehr … schwups, sind die Fronten verhärtet und der romantische Kuschelabend dahin …
Der Ehemann fühlte sich also verletzt, zog sich in sich zurück und um die Situation nicht noch weiter hoch zu spielen, beschwichtigte er mit seinem Schweigen und seinem gemurmelten Satz: „Habe die Fernbedienung nicht gefunden.“
Diese beiden Kommunikationstypen erlebe ich oft im Zusammenspiel:
„Der Ankläger“, in diesem Fall die Ehefrau, sucht mit seiner Vorwurfshaltung die Schuld bei anderen, um gut von sich, seinen Problemen und Fehlern abzulenken.
„Der Beschwichtiger“, der Ehemann, hingegen duckt sich sichtbar, macht sich klein und versucht deeskalierend auf den Ankläger und die Situation einzuwirken.
Wie kann eine Paartherapie helfen?
Beide haben einen Mangel im Selbstwert und versuchen von ihrer Unsicherheit und ihren unerfüllten Bedürfnissen durch dieses Verhalten abzulenken. Und genau da setze ich an … ich begebe mich mit Detektiv-Hut und Lupe auf die Reise hinter den Kulissen.
Ich spreche in solchen Situationen klar an, was ich gehört habe und frage nach, ob das, was ich verstanden habe, auch tatsächlich so gemeint war. Somit versachliche ich das Gespräch und nehme die Emotionen, die in der Information vorher beinhaltet waren, raus.
Oftmals sind die Klienten dann sehr erstaunt, wie ihre Nachricht beim Gegenüber ankommt und verstanden wird.
Es gibt noch zwei weitere Kommunikationstypen:
Den Rationalisierer und den Ablenker.
Rationalisierer erlebe ich häufig in meiner Praxis in der männlichen Form.
Oft sind diese Klienten …
- … sehr verschlossen, auch in ihrer Körpersprache,
- … reden sehr bedacht
- … und lassen sich bewusst Zeit für ihre Antwort.
Bevor ich auf der Gefühlsebene mit ihnen arbeiten kann, bedarf es viel Vertrauensaufbau und klare, ehrliche Worte … auch dahingehend welche Wahrnehmung ich habe. Häufig haben diese Menschen eine emotionale Mauer um sich herum erschaffen und lassen niemanden an sich und ihre Gefühle heran. Diese Mauer auch nur ein wenig bröckeln zu lassen bedarf sehr achtsamer und vorsichtiger Arbeit, denn durch die rationale und analytische Haltung gelingt es dem Klienten schnell die Mauer wieder hochzuziehen.
Sehr gegensätzlich dazu ist der Ablenker … viele Kinder sind die perfekten Ablenker (man nennt das auch ADHS).
Mit diesen Klienten eine Gesprächsbasis zu finden ist oftmals wie eine Achterbahnfahrt. Durch die vielen Gedankensprünge ist es schwer dem Gespräch zu folgen und auf die eigentliche Problemstellung zu stoßen. Auch hier bedarf es viel Fingerspitzengefühl und Geduld, um eine Vertrauensbasis zu schaffen.
Der kongruente Typ
Das heißt, dass du im Gleichgewicht bist …
- …zu dir Selbst,
- … zu den „Anderen“ …
- … und zum Kontext.
Diese Haltung in der Kommunikation einzunehmen ist gar nicht so einfach, da es immer mal wieder passieren kann, dass während eines Gesprächs Themen oder Gefühle hochkommen können, die dich persönlich an triggern und du in eine der vorherigen Überlebenshaltungen zurückfällst.
Das ist in Ordnung.
Allein die Wahrnehmung dieser Trigger-Momente ist schon ein riesiger Schritt nach vorn. Wenn du dich selbst in diesen Situationen wahrnimmst und reflektierst, bist du schon weiter als andere, die in dieser Situation verharren.
Ich selbst nehme mich davon nicht raus.
Natürlich versuche ich im professionellen Kontext meine kongruente Haltung einzunehmen und es damit meinen KlientInnen leichter zu machen, mit mir ins Arbeiten zu kommen. Aber auch ich habe ein Privatleben und dort gelingt es mir nicht immer in der kongruenten Haltung zu bleiben. So what, ich nehme wahr, rede mit meinem Gegenüber darüber und habe die Möglichkeit es beim nächsten Mal anders zu machen.
Sich der eigenen Haltung und seinem Handeln bewusst zu werden ist ein wunderbarer Schritt in die richtige Richtung und in eine wertschätzende Kommunikation.
Probier es aus! Ich freue mich, wenn du mir davon berichtest.
P.S. Aufsuchende Therapie biete ich regelmäßig an. Das hat folgenden Hintergrund: Ich arbeite nicht nur mit Paaren, sondern auch mit dem Familiensystem. Da ist es besonders spannend, die Interaktion zu Hause zu beobachten … denn dort, wo man sich am wohlsten fühlt, benimmt man sich auch am authentischsten. Wenn dich dieses Angebot interessiert und ich auch bei euch zu Hause vorbeikommen soll, dann schreibe mir gerne eine E-Mail oder ruf mich direkt an.